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Salutogenese

SALUTOGENESE

Von einem strikt zweigeteilten (gesund vs. krank) zu einem situationsbezogenen kontinuierlichen Gesundheitsverständnis
Mit den folgenden Seiten möchte ich sie neugierig machen, sich mit wesentlichen Bedingungen der Gesundheit/Krankheitsempfindung auseinanderzusetzen. Ich will hier keine vollständige Einführung in diese Themen geben, wir nehmen diese Inhalte in unseren jährlichen Vorträgen immer wieder ausführlich auf. Mit den ausgewiesenen Links und der Literatur können Sie die Themen leicht vertiefen, auch stehe ich Ihnen gerne für persönliche Gespräche zur Verfügung.

Gesundheit ist immer im Lebenskontext der Person zu betrachten und zu bewerten. Der Mensch steht nicht für sich allein. Er befindet sich in beständiger Interaktion mit seiner materiellen und sozialen Umwelt, durch die er sein Überleben und seine Selbstentfaltung zu sichern sucht.

Ich lade Sie zu einem neuen Verständnis von Gesundheit ein: Je nach Lebensalter, sozialem Milieu, Land in dem wir Leben, Umständen in denen wir uns in diesem Moment befinden, den sozialen Umständen in denen wir uns befinden, erwarten wir eine andere Gesundheit und verstehen darunter etwas anderes. Gesundheit aus Sicht der WHO ist soziale, seelische und körperliche Gesundheit. Wie soll das alles in die Utopie „Gesund“ hineinpassen?

Vollständige Gesundheit oder Krankheit sind utopische unerreichbare Vorstellungen, unser Leben bewegt sich zu jedem Zeitpunkt auf einem Gesundheitskontinuum, und das in Verhältniss zu unserem sozialen Umfeld, Lebensalter und den Umständen in denen wir Leben. Gesundheit mit 70 Jahren bedeutet etwas anderes als mit 35 Jahren und lässt sich nicht ausschliesslich in messbaren Laborwerten erfassen. Wenn es uns nicht gelingt uns in dem unserem Lebensalter und der eigenen Biographie entsprechenden Selbstbild einzufinden, wenn nur die „scheinbare gesellschaftliche Norm“, der Vergleich mit anderen Menschen der individuelle Maßstab ist, dann beginnt Streß, der innere Streß zwischen dem Ich-Ideal und der eigenen Lebensrealität.

Die rein auf eine Krankheit und Krankheitsentstehung fixierte Sichtweise fördert Krankheit. Sie steht einem Heilungsprozeß im Weg! Gesundheit wird zu einem unerreichbaren Mysterium, das fremdbestimmt erscheint und in der Hand des Arztes liegt. Das ist es mitnichten, Gesundheit liegt überwiegend in der Hand des Patienten, der Arzt ist Berater und Wegweiser, teilweise unterstützen wir Sie medikamentös und mit Therapien, das Leben bleibt in Ihrer erfolgreichen Selbstregulation. Dabei stehe ich Ihnen gerne zur Seite.

Antonovsky (1923 in Brooklyn, New York, NY, USA; † 7. Juli 1994, Beerschaba Israel) geht davon aus, dass das Leben immer stressvoll ist. Stress ist nicht zu vermeiden.

Gesundheit: Gegenstand des Gesundseins ist nicht mehr der Organismus, sondern die erlebende Person. Unter einer Person wird ein zur bewussten Selbstreflexion, zur Planung und zielgerichteten Steuerung und Bewertung des eigenen Verhaltens fähiges Wesen verstanden.

Die pathogenetische Herangehensweise - die sich ausschliesslich mit der Entstehung und Behandlung von Krankheiten beschäftigt - gleicht im Bild von Antonovsky dem Versuch, Menschen mit hohem Aufwand aus einem reissenden Fluss zu retten, ohne sich Gedanken darüber zu machen, wie sie da hineingeraten sind und warum sie nicht besser schwimmen können.

Die Salutogenese hingegen sieht den Fluss als den Strom des Lebens: "Niemand geht sicher am Ufer entlang. Darüber hinaus ist für mich klar, dass ein Großteil des Flusses sowohl im wörtlichen wie auch im herkömmlichen Sinn verschmutzt ist. Es gibt Gabelungen im Fluss, die zu leichten Strömungen oder in gefährliche Stromschnellen und Strudel führen.

Und noch etwas Besonderes: Es gibt Menschen die schon durch viele Stromschnellen hindurchgegangen sind und denen das Leben zu einer Herausforderung und nicht zu einer Geisterbahn geworden ist. Wie ist das möglich? Der Schlüssel hierzu ist das Kohärenzempfinden.

Kohärenzempfinden (SOC): Menschen, Kinder, Arbeitnehmer, die ihr Leben als kohärent - als sinnvoll, versteh- und bewältigbar - empfinden, sind vor Krankheiten besser geschützt.

Ausschlaggebend für das SOC ist, ob ich dem stressvollen Ereignis, etwa einer Prüfung, Sinn verleihen kann, ob mir klar ist, dass diese Prüfung notwendig ist - zum Beispiel, um mir bewusst zu machen, ob ich genügend Kompetenz besitze, um dann in einem bestimmten Bereich zu arbeiten, ob ich die Prüfungsfragen verstehe - Verstehbarkeit, ob ich mit der Prüfungssituation zurecht komme - pünktlich sein, nicht panisch sein, mir genügend Zeit für jede Frage nehme, usw.. Das wäre die Handhabbarkeit.

"Resilienz" wird als die psychische und physische Stärke bezeichnet, die es Menschen ermöglicht, Lebenskrisen, wie schwere Krankheiten ohne langfristige Beeinträchtigungen zu meistern. Kurz: Gedeihen trotz widriger Umstände.

Dem liegt ein Verstehen der Beziehung zwischen dem Teil und dem Ganzen zugrunde das in der Kindheit angelegt wird - "Resonanz". Ein Kind entwickelt sich in Resonanz zu seinen Eltern und den Regeln der Familie und Kultur sowie zur Umwelt bis hin zur Biosphäre und auch in Resonanz zum Sonnenlicht.
Resilienzfaktoren, die die seelische und körperliche Widerstandskraft stärken

Ein positives Selbstverständnis über sich selbst und Vertrauen in die eigenen Stärken (SOC)

Fähigkeiten: fachlich, sozial, handwerklich, beruflich

Die Fähigkeit, realistische Ziele zu formulieren und Schritte zu unternehmen, um sie auszuführen.

Kommunikations- und Problemlösungskompetenz

Die Fähigkeit, mit starken Gefühlen und Impulsen umzugehen.

Typisch für Resiliente

Bestehen enger Beziehungen zu Erwachsenen

Eltern, v.a. Väter bei Jungen nahmen erzieherischen Einfluss

Initiative u. Aktivität

TO DO: "THE ROAD TO RESILIENCE"

Aufbau von tragenden Beziehungen (Freundschaften, Netzwerke, Verbundenheit)

Krisen als überwindbar ansehen (Optimistische Einstellung)

Veränderungen als Teil des Lebens annehmen (Flexibilität)

Auf Ziele zugehen (Zukunftsplanung)

Handeln statt Rückzug bei Problemen (Bewältigungsorientierung, Verantwortung übernehmen statt Opferrolle einnehmen)

Auf Selbst-Entdeckung gehen

Ein positives Bild von sich selbst nähren (Selbstakzeptanz)

Schwieriges in den Rahmen einer längerfristigen Gesamtsicht einordnen

Zuversicht aufrechterhalten

Für sich selbst Sorge tragen

Achtsamkeitstraining: MBSR/MBCT


Vom Standpunkt der Achtsamkeit ist, solange Sie atmen, mehr mit Ihnen in Ordnung als nicht in Ordnung, selbst, wenn Sie krank sind oder bedrückt oder Schmerzen haben und die Dinge in Ihrem Leben dunkel und außer Kontrolle erscheinen. Das, was "in Ordnung" in Ihnen ist, ist der Schlüssel, um die Kontrolle über Ihr Leben zurückzugewinnen und über Ihre Probleme hinauszuwachsen.

Jon Kabat-Zinn 1990

Literatur

Salutogenese: Zur Entmystifizierung der Gesundheit - Aaron Antonovsky

Salutogenese: Das neue Verständnis von Gesundheit - Dr. Marco Bischof, „Viadrina“ Frankfurt/Oder

Kabat-Zinn, J. et al.: Four year follow-up of a meditation-based program for self-regulation of chronic pain: Treatment outcomes and compliance. Clin.J.Pain 1986;2:159-173.

Kabat-Zinn, J.: Gesund durch Meditation. München: Knaur 2011 4.Auflage.